Seit 40 Jahren für Krebspatienten und ihre Familien da
Im Dezember 1978 wurde in Koblenz die erste Beratungsstelle für Krebspatienten und Angehörige gegründet. Ihr Träger, die Krebsgesellschaft Rheinland-Pfalz, gehörte damit auch bundesweit zu den Pionieren auf diesem Gebiet. Daher wurde dieses besondere Ereignis nun mit einer Feierstunde im Koblenzer Rathaus begangen. Der Vorsitzende Prof. Dr. Dr. Richard Werkmeister begrüßte die rund 140 geladenen Gäste, darunter Vertreter der Stadt, Kooperationspartner aus dem Gesundheits- und Sozialwesen, Mitglieder, Förderer, ehrenamtliche Helfer sowie Mitarbeiter des gemeinnützigen Vereins.
Bürgermeisterin Ulrike Mohrs dankte der Krebsgesellschaft stellvertretend für den Schirmherren Oberbürgermeister David Langner für die mühevolle Auf- und Ausbauarbeit, durch die im Laufe der Zeit eine wertvolle Unterstützung für Betroffene und ihre Familien in der Region entstanden ist. Als Mitglied der „Stiftung Gemeinsam gegen Krebs“ hatte Mohrs in den vergangenen Jahren bereits Einblicke in die Arbeit der Krebsgesellschaft gewinnen können und sicherte zu, sich dafür auch weiterhin zu engagieren. Im Anschluss daran erinnerte Hansgünter Oberrecht als Vorsitzender der Stiftung und stellvertretender Vorsitzender des Förderbeirates Koblenz exemplarisch an einige Benefiz-Aktivitäten, die beide Gremien in der Vergangenheit bereits initiiert hatten, um die Entwicklung des kostenfreien Beratungsangebotes der Krebsgesellschaft in der Region zu ermöglichen.
Neben finanzieller Unterstützung spielte und spielt auch die Vernetzung mit verschiedenen Kooperationspartnern eine wichtige Rolle. Von Anfang an gehörte dazu etwa die Krebs-Selbsthilfe, für die stellvertretend am Jubiläumsabend Ramona Mika-Lorenz sprach. So wurden und werden nicht nur zahlreiche gemeinsame Veranstaltungen organisiert, sondern auch Räumlichkeiten für Gruppentreffen zur Verfügung gestellt und Mitglieder im Hinblick auf fachlichen Input und Austausch sowie in der Öffentlichkeitsarbeit unterstützt.
Mühevolle Auf- und Ausbauarbeit mit begrenzten Mitteln
Angefangen hatte alles vor 40 Jahren mit einer „Psychosozialen Beratungsstelle für Tumorkranke“ in der Koblenzer Schloßstraße, wie Wolfgang Neumann, ehemaliger Geschäftsführer der Krebsgesellschaft (1976-2014) und Gerti Kunz, Leiterin des Koblenzer Beratungszentrums, in ihrem historischen Abriss erläuterten. Mitten in der Blütezeit der Apparate-Medizin, in der eine Krebserkrankung ein noch größeres Tabu-Thema darstellte als heute, begannen zwei Mitarbeiterinnen damit, über Krebs und seine Folgen zu sprechen, Betroffene in ihrer schwierigen Lebenssituation aufzufangen und bei der Suche nach dem persönlichen Umgang mit der Erkrankung zu begleiten. Rund 800 Beratungskontakte verzeichnete die neu geschaffene Einrichtung im ersten Tätigkeitsjahr – mit einem Budget von gerade einmal 45.000 DM. Inzwischen stünden auf Landesebene rund 17.000 Beratungskontakte sowie ein Gesamthaushalt von etwa 2,5 Mio. Euro pro Jahr für vier Beratungszentren (nach Koblenz wurden weitere Standorte in Trier (1983), Ludwigshafen (1986) und Kaiserslautern (1996) eröffnet) zu Buche. Ein Betrag, der nach wie vor überwiegend aus Mitgliedsbeiträgen, Spenden und freiwilligen Zuschüssen zusammengetragen werden müsse, wie Neumann unterstrich, der im Vorstand weiterhin als Schatzmeister aktiv ist.
So, wie es die verfügbaren Mittel jeweils erlaubten, wurde das Unterstützungsangebot in den vergangenen Jahren sukzessive erweitert, wurden neue Mitarbeiter eingestellt, zahlreiche temporär besetzte Sprechstunden in der Region eingerichtet und auch größere Räumlichkeiten angemietet. Seit 2001 ist das Koblenzer Beratungszentrum in der Löhrstraße 119 zu finden, wo ein achtköpfiges multiprofessionelles Team ergänzend zur psychosozialen Beratung auch vielfältige Gruppen, Kurse, Workshops, Vorträge und Informationsveranstaltungen anbietet. „Ohne das Engagement von Spendern, Förderern, Kooperationspartnern und ehrenamtlichen Mitarbeitern hätten wir unser Beratungs- und Hilfsangebot nicht zu der gegenwärtigen Form auf- und ausbauen können“, ergänzte Gerti Kunz. Besonders stolz mache die Beratungsstellenleiterin, dass ihr Team „mindestens 40.000 ratsuchenden Menschen“ in den vergangenen 40 Jahren habe weiterhelfen können, darunter immer häufiger auch Angehörige von Krebspatienten, die durch die Erkrankung des Partners oder eines Familienmitgliedes ebenfalls stark belastet seien.
Projekt „Mama/Papa hat Krebs“: Hilfe für betroffene Familien
In den letzten Jahren sind dabei verstärkt die Belange von Kindern und Jugendlichen in den Blick gerückt, deren gewohnter Alltag durch die Erkrankung eines Elternteils plötzlich aus den Fugen gerät. Diesem Thema widmete sich Dr. Bianca Senf, Leiterin der Abteilung Psychoonkologie am Universitätsklinikum Frankfurt in ihrem Festvortrag. Die Mitgründerin des Vereins „Hilfe für Kinder krebskranker Eltern e.V.“ plädierte insbesondere für eine offene, authentische, an das jeweilige Alter des Kindes angepasste Kommunikation. Dass dies nicht immer einfach ist, wissen Gerti Kunz und ihre Kolleginnen aus der täglichen Beratungspraxis. „Mit unserem Projekt ‚Mama/Papa hat Krebs‘ bieten wir betroffenen Familien daher gezielte Hilfe an, um die schwierige Situation gemeinsam bestmöglich zu meistern“, sagte die Koblenzer Psychoonkologin. Ergänzend dazu habe man im laufenden Jahr spezielle Gruppenaktivitäten und Familienaktionen ins Leben gerufen, bei denen sich Betroffene in zwangloser Atmosphäre untereinander austauschen können, die Erkrankung aber auch einmal in den Hintergrund treten darf, um Kraft für den Alltag zu tanken. „Diese Angebote sind auf eine sehr positive Resonanz gestoßen“, freute sich Kunz. Aufgrund des begrenzten Budgets könne die Krebsgesellschaft das Projekt jedoch nur mit entsprechenden Sachspenden wie Freikarten oder günstigen Sonderkonditionen für die einzelnen Aktivitäten schultern.
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